zurück
Paddeltips zur Insel Öland

Allgemeines

Die vor der schwedischen Ostseeküste gelegene Insel Öland hat eine Länge von 137 km und eine maximale Breite von 16 km, die höchste Erhebung beträgt 57 Meter über dem Meeresspiegel. Zwischen Insel und Festland liegt der Kalmarsund, auf Höhe der Stadt Kalmar ist Öland über eine 6 km lange Brücke mit dem Festland verbunden. Zwischen Oskarshamn und Byxelkrog ganz im Norden Ölands verkehrt eine Autofähre.
Die Insel bildet eine Hochfläche aus Sandstein, Schiefer und Kalkstein. Die Westküste ist zumeist als Steilküste ausgebildet, während die Ostküste hauptsächlich flache Küstenterassen bildet. Die im Norden bei Byrum gelegenen Rauksteine, eine durch Meereserosion geformte Kalkfelsformationen, belegen, dass die Insel aus dem Meer aufgestiegen ist. Die Erdschicht auf dem Gestein ist nur sehr dünn, wodurch sich weitläufige Heide- und Karstflächen ausgebildet haben. Kleinwüchsige Bäume und Sträucher dominieren. Auf Öland finden sich auf Grund des für Schweden ungewöhnlichen Bodens viele außergewöhnliche Blumen, darunter 34 Orchideenarten. Die im Süden der Insel gelegene Weidelandschaft "Stora Alvaret" ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
Am Leuchtturm an der Südspitze Ölands ist eine ornithologische Forschungsstation eingerichtet. Viele der ausgedehnten Schutzgebiete haben nicht nur eine große Bedeutung für brütende Vögel, sondern dienen auch als Sammel- und Ruheraum für zahlreiche Zugvögel aus Nordeuropa und dem sibirischen Raum.

Weiterhin sind für Öland die überall anzutreffenden Windmühlen typisch. Von ehemals 2000 Windmühlen sind noch etwa 400 erhalten.

Öland wurde ab etwa 7000 v. Chr., als es aus dem Meer aufzutauchen begann, von ersten Jägerkulturen bewohnt. Der Ackerbau hielt in der Jungsteinzeit um etwa 4000 v.Chr Einzug. Über 13.000 archäologische Fundstätten, die bis ins Mittelalter reichen, sind dokumentiert. Aus der Bronzezeit zwischen 1.500 und 500 v. Chr.stammen große Hügelgräber. Auch Menhire sind anzutreffen, Schiffssetzungen hingegen sind selten. Die großen Burgen wie die Gråborg, Ismantorp und Eketorp stammen aus der Völkerwanderungszeit (400 - 550 n.Chr.).

Im Mittelalter konnte Öland durch seine Lage am Kalmarsund, damals eine bedeutende Seestraße, an Bedeutung gewinnen. Handelsplätze und größere Ortschaften entstanden, bei Borgholm entstand eine große Burg.
Zwischen 1300 und 1700 war Öland in die schwedisch-dänischen Kriege verwickelt: In den 1360er Jahren, den 1450er Jahren, am Beginn des 16. Jahrhunderts, während des Kalmarkrieges 1611-1613 und nach der Niederlage der schwedischen Flotte an der Südspitze Ölands 1676 wurde die Insel von dänischen Truppen heimgesucht.

Öland ist durchweg landwirtschaftlich geprägt. Wie in vielen anderen Regionen Europas auch kam es im Zuge von Wirtschaftskriesen zu großen Auswanderungswellen, auch heute noch sinkt Ölands Einwohnerzahl. Heute ist Öland eine vielbesuchte Ferieninsel.

Blå Jungfrun (Blaue Jungfrau)

Am Nordende des Kalmarsundes liegt zwischen dem Festland und Öland die unbewohnte Granitinsel 'Blå Jungfrun' (Blaue Jungfrau). Seit 1920 ist die Insel als Nationalpark ausgewiesen. Sie hat etwa einen Durchmesser von einem Kilometer und besteht aus vom Eis polierten roten Granitklippen.
Eine sesshafte Bevölkerung gab es auf der Insel nie, jedoch wurde eine Zeit lang das Granitgestein abgebaut. Die einzigen vorkommenden Säugetiere sind Hasen und Fledermäuse. Die Insel kann eine besonders reiche Flechtenflora vorweisen, zudem gibt es einen Wald, in dem neben Kiefern, Eichen, Birken auch Winterlinden vorkommen.
Im schwedischen Hexenglauben nimmt die Insel die selbe Stellung ein wie der Brocken in Deutschland. Dem Volksglauben nach sollen sich hier am Gründonnerstag die Hexen treffen und zusammen mit dem Teufel tanzen. Seefahrer haben die Insel gemieden, eine Vielzahl von Märchen haben einen Bezug zur Insel.
Im Südteil der Insel findet sich eine sogenannte Trojaburg, ein Labyrinth aus Steinen, das auf dem blanken Fels ausgelegt wurde. Vermutlich stammt es aus der Bronzezeit (ca. 1500-500 v.Chr).
Die Insel kann von Oskarshamn und Byxelkrog aus mit dem Tourboot besucht werden. Während des Sommers sind auf der Insel Ranger von der Nationalparkverwaltung vor Ort. Toiletten und Mülleimer sollen helfen, die Insel sauber zu halten, das Zelten oder gar Feuermachen ist untersagt.

Verwendetes Kartenmaterial / Sperrgebiete

Ich habe bei meiner Inselumrundung lediglich auf eine Landkarte verwendet, und zwar das Kartenblatt Nr. 55 aus der Reihe "Blå kartan" im Maßstab 1 : 100 000. Die Insel Öland wird in zwei Teilen auf einem Blatt wiedergegeben. Nach meinem Empfinden reicht der Maßstab beim Paddeln zur Orientierung aus.
Im Südosten der Insel ist an der Küste bei Sandby ein militärisches Sperrgebiet verzeichnet. Dieses Sperrgebiet existiert nach Aussage eines Einheimischen nicht mehr, das Militär ist auf der Insel kaum noch präsent.
Ein weiteres Sperrgebiet existiert südlich des Ortes Borgholm. Hier befindet sich das Ferienhaus der schwedischen Königsfamilie. Der Beginn und das Ende dieses Gebietes werden durch große gelbe Warntafeln am Ufer markiert, auf See schwimmen ca. 2 Meter lange gelbe Pylonen, die ein gelbes "X" auf der Spitze tragen. Das Sperrgebiet ist auf der genannten Landkarte nicht verzeichnet.

Sicherheit auf dem Wasser

Ich habe meine Paddeltour mit einem selbstgebauten Faltboot unternommen, und wer ein wenig köperliche Fitness mitbringt und etwas Erfahrung im Paddeln hat, kann diese Tour sicherlich ohne weiteres in Angriff nehmen. Allerdings ist die Umrundung Ölands nicht völlig ungefährlich. Wellengang, Brandung, Felsen im Wasser, Winde und schnell wechselndes Wetter fordern Mensch und Material. Gut vorbereitet lassen sich viele Risiken minimieren.

  • Schwimmweste

  • Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, daß man bei jeder Paddeltour eine Schwimmweste dabei hat, trotzdem trifft man immer wieder Wasserwanderer, die keine Westen dabei haben. Schwimmwesten helfen nach der Kenterung, den Verunfallten über Wasser zu halten und Kraft zu sparen. Feststoffwesten mit Schaumfüllung halten zusätzlich warm und polstern den Oberkörper, z. B. wenn man im Wasser mit dem Boot oder mit Felsen kollidiert, Halbautomatik-Modelle mit Gaskartusche tragen nicht so dick auf, sind ohnmachtsicher und besonders bei warmen Wetter angenehmer zu tragen.
    Die schwedische Küstenwache kontrolliert übrigens, ob Schwimmwesten mitgeführt werden.

  • Lenzpumpe und Schöpfbecher

  • Schlägt das Boot leck oder läuft überkommendes Wasser ins Boot, so kann man mit Hilfe eine Schöpfgefäßes und einer Lenzpumpe einen großen Teil des Wassers wieder aus dem Boot bekommen. Ein vollgelaufenes Boot neigt stark zum Rollen, was sehr schnell zur Kenterung führen kann. Wird eine elektrische Lenzpumpe verwendet, ist es ratsam, zusätzlich ein handbetriebenes Modell mitzuführen, da elektrische Pumpen schnell ausfallen können.

  • Spritzdecke

  • Selbst bei geringerem Wellengang kommt es vor, das Wasser über die Cockpitluke in Boot gelangt. Eine gut sitzende Spritzdecke verhindert dies und ist bei Paddeltouren auf dem Meer eigentlich Pflicht.

  • Auftriebskörper

  • Jedes Boot sollte mit Auftriebskörpern ausgerüstet werden, um zu verhindern, daß es im vollgelaufenen Zustand zu tief im Wasser liegt oder im ungünstigsten Fall gar untergeht.

  • Kleidung und Ersatzkleidung

  • Man wird beim Paddeln eigentlich immer wieder mal nass, daher ist es sinnvoll schnelltrocknende Kleidung aus Kunstfaser zu verwenden. Baumwolle ist zum Paddeln völlig ungeeignet: Die Fasern saugen das Wasser auf und werden schwer, zudem trocknen sie sehr langsam. Bei nasskaltem Wetter ist Baumwolle nicht mehr trocken zu bekommen.
    Eine gut sitzende Jacke oder ein Anorak schützt vor Regen, Wind und Spritzwasser. Die Ärmelbündchen sollten sich gut regulieren lassen, eine Kapuze ist sinnvoll aber kein muß, wenn eine wasserdichte Kopfbedeckung mitgeführt wird.
    Auf dem Wasser bekommt man sehr schnell einen Sonnenbrand. Ein einfacher Stoffhut schützt Gesicht, Nacken und Ohren. Er sollte mit einem Fangriemen versehen sein, damit er nicht vom Kopf geweht werden kann. Bei Kälte greife ich auf eine einfach Strickmütze aus Polyacryl zurück, die schneller trocknet als ein vergleichbares Modell aus Wolle.
    Bei starkem Regen ziehe ich einen Südwester einer Kapuze vor. Der Kopf hat mehr Bewegungsfreiheit. Zusammen mit der Jacke und der Spritzdecke kann man so auch bei starkem und lang anhaltenden Regen paddeln.
    Unter Deck verwahre ich immer eine Garnitur trockene, wasserdicht verpackte Ersatzkleidung. Nichts ist unangenehmer, wenn man nach einer Kenterung und anschließender Rettung an Land die Kleidung am Leib trocknen muß - bei kalter Witterung kann dies auch zu lebensgefährlicher Unterkühlung führen.

  • Neoprenanzug / Trockenanzug

  • Während des Sommers, bei moderaten Wassertemperaturen, kann man sicherlich auf einen Trockenanzug oder Neoprenkleidung verzichten. Bei niedrigen Wassertemperaturen ist sollte man aber unbedingt das eine oder andere in Betracht ziehen. Oftmals ist ein küstennaher Kurs bei einer Öland-Umrundung nicht möglich. Die Gewässer sind teilweise sehr flach, viele Steine und Felsbrocken im Wasser zwingen den Paddler dazu, in einem weiten Abstand zur Küste zu paddeln. Auch hoher Wellengang und die Brandung machen es manchmal erforderlich, sich vom rettenden Ufer fernzuhalten.
    Ist man dann im Falle einer Kenterung darauf angewiesen, eine Selbstrettung vorzunehmen oder gar zu versuchen, das Ufer zu erreichen, kann es im kalten Wasser sehr schnell zu lebensbedrohlichen Unterkühlungen und zum Ertrinken kommen.
    Neoprenbekleidung sollte für Paddler geeignet sein, d. h. auf Sitz geschnitten und die typischen Bewegungsabläufe nicht einengen. Der Vorteil von Neoprenbekleidung ist sicherlich, daß sie auch mit einem Loch darin noch wärmt und den Körper polstert.
    Bei Trockenanzügen müssen unbedingt die Manschetten intakt sein, damit kein Wasser eindringen kann. Es gibt viele verschiedene Modelle, einige haben einen wasserdichten Reißverschluß quer am Rücken von Schulter zu Schulter, bei manchen verläuft er vorne diagonal von der Hüfte über die Brust zur Schulter. Es gibt Modelle aus einfachem wasserdicht beschichteten Kunstfasergewebe, aber auch "atmungsaktive" Modelle mit einer Gore-Tex-Ausstattung oder ähnlichen dampfdurchlässigen Materialien, die etwas angenehmer im Tragekomfort sind. Unter dem Anzug wird Kunstfaserkleidung getragen.

  • Weitere sicherheitsrelevante Ausrüstung

  • Die Dörfer der Insel verbergen sich mehrheitlich im Inselinneren. Man wird bei einer Umrundung also kaum wahrgenommen und ist ziemlich auf sich allein gestellt. Auch auf dem Wasser begegnet man außerhalb der Ferien-Hauptsaison kaum jemandem.
    Trotzdem sollte man Signalmittel dabei haben, also Trillerpfeife und Signalraketen. Das Non-Plus-Ultra ist natürlich eine Seenot-Rettungsbake, die über eine Notrufsignal via Satelit die die Rettungskräfte alarmiert, allerdings sind diese Geräte sehr teuer. Ich führe keine Bake mit.
    Am wichtigsten ist es aber, Mittel für die Selbstrettung bereit zu halten. Ein Paddelfloat ist hilfreich beim Wiedereinstieg ins Boot nach der Kenterung. Vor allem sollte man die Rettungstechniken vor der Tour üben.
    Das Paddel wird mit einem Stück Schnur vor Verlust gesichert. Darüber hinaus sollte man ein Ersatzpaddel mitführen. Ein Paddel kann zerbrechen oder man kann es verlieren, und ein Boot ohne Antrieb wird sehr schnell ein Spielball der Wellen.
    Auch wichtig ist ein kleines Reparaturset, damit man im Falle einer Beschädigung das Boot wieder flott bekommt. Zumindest eine Rolle Panzerklebeband sollte immer dabei sein.
    Öland ist eine felsige Insel. Ich habe bei meiner Inselumrundung einen Helm vermisst. Kentert man in der Brandung, kann es sehr schnell passieren, daß man mit dem Kopf an den Felsen anschlägt und bewustlos wird. Aber auch in eher harmlosen Situationen hätte ich gerne einen Helm gehabt: Meist bin ich im knietiefen Wasser ausgestiegen, um dann das Boot an Land zu ziehen. Dabei kam es mehr als einmal vor, daß mir eine Welle das Boot von hinten in die Kniekehlen trieb und ich ganz unvermittelt am steinigen Ufer lag.
    Ich bin absolut kein Angsthase und auch kein "Sicherheitsfanatiker". Auf einer Paddeltour in den schwedischen Schären kann man meiner Meinung nach gut und gerne auf einen Helm verzichten. Dort ist die Situation aber ganz anders gelagert als auf Öland. Dort kann man sich immer in den Wind- und Wellenschatten einer Insel zurückziehen. Und das geht auf Öland eben nicht.
    Man muß den Helm nicht die ganze Zeit tragen. Man kann ihn hinter sich auf Deck befestigen und hat ihn dann griffbereit, wenn er benötigt wird. Nur muß man ihn dann aber auch rechtzeitig aufsetzen...
    Als letzten Punkt möchte ich hier noch festes Schuhwerk aufführen. So gut wie jedes Gestein in der Ostsee ist mit einem dünnen Algenfilm überzogen, der so glatt ist wie Schmierseife. Man findet auf den Steinen keinerlei Halt und rutscht ständig weg. Sandalen haben üblicherweise keine Zehenkappe, man kann sich daher schnell die Zehennägel stoßen, was sehr schmerzhaft ist. Außerdem hat man schnell kleine spitze Steinchen unter der Fußsohle - auch nicht gerade angenehm. Daher würde ich immer ein Paar geschlossener Halbschuhe bevorzugen. Daß müssen keine extra teuren Kanu-Schuhe sein, ein Paar alter ausgelatschter Tennisschuhe reicht da vollkommen aus. Nur sollte man dann die Schnürsenkel aus Baumwolle gegen eine Perlonkordel ersetzen. Ein paar kleine Löcher im Schuh, damit das Wasser ablaufen kann, sind sinnvoll.

    Wind und Wetter, Wellengang

    Ich habe die Insel Öland in der Zeit vom 18. August bis zum 07. September 2007 unternommen, die Feriensaison war schon vorüber. Der Sommer war bis dahin eher kühl und regnerisch, während meiner Reise gab es zwar ein paar Regentage, doch meist war das Wetter schön. Die Lufttemperatur lag zumeist zwischen 15° und 25° Grad C, die Wassertemperatur dürte bei etwa 15° - 18° Grad C gelegen haben.

  • Schwallwellen

  • Die Fähren, die zu den Inseln Öland und Gotland über den Kalmarsund fahren, sind nicht gerade langsam. Bei voll aufgedrehten Maschinen produzieren sie Schwallwellen, die bis zu zwei Meter hoch werden können. Auf offener See stellen die Wellen eigentlich kein Problem dar. An der Küste jedoch können sie jedoch verheerende Folgen haben. Die Wellen erreichen die Küsten meist nach etwa 10 - 20 Minuten.

  • Die Überfahrt

  • Zu Beginn der Reise hatte ich sehr starken Gegenwind aus Osten, dadurch hat sich die Fahrzeit von Oskarshamn zur Insel 'Blå Jungfrun' sehr verlängert. Ich kam dort erst in der Abenddämmerung an und war gezwungen, dort zu Zelten. Die Ranger sahen mir dies nach, obwohl das Zelten nicht gestattet ist. Allerdings habe ich mich auch anständig benommen, was vielen Menschen wie es scheint völlig unmöglich ist. Die Ranger vom Nationalpark konnten da wahre Horrorgeschichten zum Besten geben.
    Auch auf der Weiterfahrt zur Insel Öland hatte ich sehr starken Gegenwind. Ich habe für die 12 km lange Überfahrt nicht ganz vier Stunden benötigt. Interessanter Weise trat ein Windschatten-Effekt erst 300, 400 Meter vor der Küste auf. Erst hier lies der Wind merklich nach. Am Ufer angekommen war die Ostsee spiegelglatt. Die Weiterfahrt in Richtung Norden war verlief dann völlig problemlos.

  • Ölands Nordspitze / Kenterung

  • Am nächsten Tag wechselte die Windrichtung, und zwar so, daß ich natürlich wieder Gegenwind hatte: Der Wind bließ nun aus Norden und nahm im Laufe des Tages immer mehr zu. Nach einem kurzen Zwischenstop in Byxelkrog nahm ich dann die Umfahrung der Nordspitze in Angriff. Mittlerweile hatte sich eine hohe Dünung aufgebaut, die mit viel Gischt und lautem Tosen an den Strand krachte. Hielt man sich weit genug von der Brandung fern war das Paddeln aber eigentlich kein Problem. Natürlich mußte man immer einen etwas ablandigen Kurs fahren, doch das Reiten über die hohen Wellen hat viel Spaß gemacht und ich habe mich auch die ganze Zeit über sehr sicher gefühlt. Und im Falle einer Kenterung wäre man von Wind und Wellen zum Ufer getrieben worden...
    Nur wie kommt man heil an Land?
    Ich wollte mir gerne den Leuchtturm 'Långe Erik' anschauen, und auch sonst hätte mir eine Pause ganz gut getan. An Ölands Nordende findet sich eine Art Nehrung, eine recht große geschützte Bucht, Grankullaviken, in die ich einfahren wollte. Ich paddelte also am Leuchtturm vorbei, bis die Wellen mich genau in die Einfahrt zu Bucht tragen würden. Dann wendete ich das Boot und nahm nun einen Südkurs an. Ich wollte quasi auf den Wellen in die Bucht surfen.
    Auf den ersten hundert Metern klappte das soweit auch ganz gut. Dann wurde das Wasser flacher und ich ritt quasi auf einem brechenden Wellenkamm nach dem anderen auf die Einfahrt zu. Doch jedesmal, wenn eine Welle unter meinem Boot durchgelaufen war, verlor das Boot an Geschwindigkeit und kam dabei etwas vom Kurs ab. Dann packte die nächste Welle das Boot am Heck, warf und drehte es herum, und ehe ich mich versah lag ich im Wasser.
    Zu meinem großen Erstaunen war es dort am Ufer schon sehr flach, ich konnte auf dem steinigen Untergrund stehen. Mir wurde sofort klar, daß ich großes Glück gehabt hatte: Ohne weiteres hätte ich mit dem Schädel an den Steinen anschlagen können - und mir hätte wahrscheinlich niemand geholfen, wenn ich bewustlos geworden wäre.
    Ich habe dann das Boot gepackt und Richtung Ufer gezogen, soweit es ging. Dann mußte ich das Gepäck an Land bringen, um anschließend das Boot über die Steine weiter an Land zu ziehen. Dann konnte ich das Boot auf die Seite drehen und so einen Großteil des Wassers aus dem Boot laufen lassen. Nach ein paar weiteren Metern konnte ich das Boot überkopf drehen und den Rest des Wassers ablaufen lassen.
    Dann schleppte ich das weitere Gepäck über die glitschigen Steine an Land, schließlich das Boot hinterher, und dann noch einmal in einer zweiten Etappe etwas weiter in den Windschatten. Ich zog mir einen trockenen Pullover über und die Jacke, danach kontrollierte ich alle Gepäckstücke auf Wassereinbruch. Zwar ist bei der Kenterung nichts nass geworden, doch mußte ich feststellen, daß Rollverschlußbeutel nicht absolut dicht halten und ein paar Tropfen Wasser den Weg ins Innere gefunden hatten.
    Anschließend hockte ich mich in die Sonne und ließ meine Kleidung - alles aus Kunstfaser - am Leib trocknen. Eine Tafel Schokolade mußte als Nervennahrung herhalten.

    Der Leuchtturm 'Långe Erik' ist ein beliebtes Ausflugsziel, ein paar Touristen laufen da immer rum. Am geschützten Ufer der Bucht stand ein Angler und fischte nach Meerforellen. Und trotzdem...
    Als ich mein Boot barg, fiel mir eine junge Frau auf, die am Ufer auf einem Felsen saß und meinem Treiben zuschaute. Meine Kenterung fand keine 200 Meter vor ihren Augen statt. Weder kam sie auf die Idee, mir ihre Hilfe anzubieten, noch Hilfe zu holen.
    Ich will der jungen Frau keinen Vorwurf machen, sie selbst hätte wohl nicht viel ausrichten können. Und wahrscheinlich sah meine Kenterung aus ihrer Warte wohl sehr souverän und gekonnt aus . Fallen Surfer nicht auch dauernd ins Wasser und stehen wieder auf? Sehr deutlich wurde mir klar: "Verlass' dich auf andere und du bist verlassen."
    Ich denke, wenn ich um Hilfe gebeten hätte, wäre mir auch geholfen worden. Ich möchte allerdings nicht wissen, wie lange es gedauert hätte, bis mir geholfen worden wäre, wenn ich bewustlos im Wasser gelegen hätte.

    Es gibt etwas weiter östllich vom Leuchtturm eine markierte Fahrrinne in die Bucht Grankullaviken für die Fischer- und Segelboote. Auch bei starkem Nordwind ist der Seegang hier bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie über flachem Grund. Vermutlich wäre ich auf diesem Wege trockenen Fußes zum Leuchtturm gelangt. Aber hinterher ist man immer schlauer...

    Übrigens ist beim Bergen des Bootes eine Sente gebrochen, außerdem mußte ich zwei Löcher in der Haut flicken. Die Sente habe ich mit einem Stück Rosenholz und Klebeband geschient, es hat den Rest der Tour gehalten.

    Weiter zur nächsten Seite

     

    zurück